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Apotheke zieht in bekanntes Haus um

 
Markante Immobilie: Das Wohn- und Geschäftshaus Verler Straße 291 war einst eine stark frequentierte Postfiliale–nur eine der vielen Nutzungen in der Vergangenheit. Vor ein paar Jahren kam der Heimatverein auf die Idee, das leerstehende Haus mit alten Ansichten aus Spexard zu schmücken.

Das Gebäude ist schon deswegen auffällig, weil es wie ein Riesen-Schaufenster ist. An der Verler Straße, direkt neben der Hauptverkehrsader, sind die Fenster seines Erdgeschosses mit sechs Großaufnahmen von „Spexard in alten Zeiten“ bestückt. Wer die Bilder näher betrachten, vielleicht auch die erläuternden Texte im Eingang lesen möchte, sollte sich nicht allzu viel Zeit lassen: Das Gebäude steht nicht mehr lange. Es wird, so der Plan, einem Neubau weichen. Einem Neubau, der nur einen einzigen Mieter haben wird: Matthias Irrgang, Betreiber der Spexarder Apotheke am Hüttenbrink. Er hat vor, mit seinem kompletten Team dorthin umzuziehen. Er wäre im Stadtbild sichtbarer, und er hätte mehr als doppelt so viel Fläche zur Verfügung. Selbst bauen wird er nicht, das macht ein Investor. Dessen Bauvoranfrage hat die Stadt positiv beschieden. Dieser Investor ist Lutz Heitland, Apotheker-Kollege aus Steinhagen und Unternehmer. Heitland hat die drei Grundstücke mit einer Gesamtfläche von rund 1.100 Quadratmetern Anfang des Jahres gekauft und möchte sie möglichst bald bebauen. „In Spexard schlummert enorm viel Potenzial“, sagt Heitland. Schon länger tragen sich Heitland und Irrgang mit dem Gedanken an einen neuen, größeren Standort, hatten zunächst das geplante Karree mit den „Spexarder Höfen“ auf der anderen Seite der Verler Straße im Blick. Doch weil dort die Zu- und Abfahrt nicht befriedigend zu regeln war, schwenkten sie um.

Die sich nun anbahnende Lösung stellt sie maximal zufrieden. „Das ist ein toller Standort“, sagt Irrgang (45), ein gebürtiger Spexarder. Es gehe nun in die Detailplanung. Büros seien beauftragt, Entwürfe zu erstellen, sagt Heitland. Diese sähen vor, einen eingeschossigen, unterkellerten Bau mit rund 300 Quadratmetern Nutzfläche zu bauen und 14 bis 15 Parkplätze auf dem Grundstück anzuordnen. Geht alles glatt, könnte Irrgang 2026 umziehen. Das Investitionsvolumen gibt Lutz Heitland mit rund 2,5 Millionen Euro an. Darin sei alles enthalten: Grundstückskauf, Abriss, Baukosten, Einrichtung. Heitland hat hinreichend Erfahrung mit derlei Projekten: Er hat schon Ärztehäuser, Apotheken und Gesundheitszentren gebaut. Er beschäftige 90 Angestellte, sagt er. Seine Tochter Christina, ebenfalls Apothekerin, betreibt die Apotheke im Elisabeth-Carree des Eli-Hop-Krankenhauses. Die Grundstruktur des Gebäudes sei geklärt, sagt Heitland. Die Überlegung, höher zu bauen, mehrgeschossig, habe er früh verworfen. „Zum Wohnen ist es da zu laut“, sagt der 69-Jährige. Zudem werde es bei weiteren Mietern mit den Parkplätzen knapp. Wünschenswert sei, wenn sich in der Nähe Haus-, Kinder-, Frauenärzte niederließen. „Daran fehlt es in Spexard.“ Enttäuschend habe er daher jüngst die Mitteilung des „Höfe“-Investors Joseph Schrull gefunden; dort ziehe lediglich eine Zahnarztpraxis ein. Dass der Standort an der Verler Straße für eine Apotheke attraktiv ist, daran zweifeln Irrgang und Heitland keine Sekunde. Für Irrgang, der etliche Jahre die Krönig’sche Apotheke in der Fußgängerzone Berliner Straße betrieb, wird der Umzug einen großen Zuwachs an Platz bringen: von 120 auf knapp 300 Quadratmeter. Zufrieden mit der Folgenutzung ihrer Fläche sind auch die Grundstücksverkäufer, die Spexarder Familie Tigges. „Uns war klar, dass es schwierig sein würde, das Haus auf Dauer zu erhalten“, sagt Bernhard Tigges (65), eines der fünf Kinder, die darin aufwuchsen. Für die Fortentwicklung des Ortsteiles biete das Ansiedeln der Apotheke eine große Chance.

 
In Spexard kennt man sie: Sandra Wittkop (v.l.), Antje Baumeister, Matthias Irrgang und Annette Lux versorgen die Bürger mit Arznei. Bei Annette Lux ist das schon seit 43 Jahren der Fall.

Tatsächlich birgt die Immobilie eine lange Geschichte. Vor circa hundert Jahren hatten die Großeltern von Bernhard Tigges, Johannes und Katharina, dort ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet. Er war Weber, sie Schneidermeisterin. Hauptsächlich boten sie Kurzwaren an. Im durchnummerierten Spexard erhielt ihr Haus die Nummer 142. Jedoch: Es stand nicht lange. Im Zweiten Weltkrieg, im Bombenhagel Mitte März, legten es Verbände der US-Luftwaffe in Schutt und Asche. Die Großeltern ließen sich nicht entmutigen. Sie krempelten die Ärmel hoch, errichteten es neu, führten das Geschäft weiter und übergaben es irgendwann an die nächste Generation, Albert und Irmgard. Die Spexarder, sie kauften ihre Haushaltswaren, Geschenkartikel, Spiele und Alltagswaren „beim Tigges“. Später, immer umfangreicher, besorgten sie sich auch ihre Zeitschriften, Zeitungen und Tabakwaren dort, schließlich, fast naheliegend, auch ihre Lottoscheine.

Als die Familie Tigges den Laden in den 1990er Jahren an Thomas Wiedorfer abgab, dieser alsbald Agenturpartner der Deutschen Post wurde, kehrten beinah ständig Kunden ein. Bürger aus Spexard, Gütersloh, Verl und Autobahnpendler: Sie alle nutzten die günstig gelegene Agentur, um schnell mal hineinzuspringen, ihre Postangelegenheiten zu regeln oder etwas zu besorgen. Wiedorfer stellte mehrere Mitarbeiter ein, anders wäre es nicht zu schaffen gewesen. Dass direkt nebenan die Spexarder Drogerie (Hanschmidt) lag, ebenfalls mit breitem Sortiment, einem Kopiergerät und entsprechend frequentiert, trug zum Andrang bei. 2017 musste Wiedorfer das Geschäft aus gesundheitlichen Gründen schließen, kurz darauf folgte altersbedingt auch die Drogerie nebenan, in beiden Fällen fehlte es an Nachfolgern. Seither steht das Haus, abgesehen von einer Zwischennutzung als Baubüro während des Umbaus der Verler Straße, leer. Dass es demnächst aus dem Stadtbild verschwindet, damit kommt Bernhard Tigges zurecht, auch wenn er sogar in dessen Gemäuern zur Welt kam. „So ist der Lauf der Zeit. Wir freuen uns über die Nachnutzung.“ (Text: Ludger Osterkamp)



Letzte Änderung: 13. März 2025