Stöbern Sie im Archiv und in alten Zeiten!


Kriegsweihnacht vor 60 Jahren / Erste heilige Messen in der Sperrholzfabrik Feuerborn

 
Erstes Gotteshaus in Spexard

Das letzte Weihnachtsfest während des zweiten Weltkrieges stand an der Schwelle zum Frieden. Während die Kanonen an der Front donnerten, Bomben fielen und die Alliierten deutschen Boden betreten hatten, rückten die Menschen in den Gotteshäusern noch enger zusammen. Auf Spexarder Boden wurden vor 60 Jahren im Dezember 1944 die ersten heiligen Messen im dafür hergerichteten Pressraum der Sperrholzfabrik Gebrüder Feuerborn an der Verler Straße gefeiert.

"Das Weihnachtsfest 1944 war das Ergreifendste, was ich in meinem Leben je gefeiert habe. Es wurden viele Tränen vergossen und es bleibt unvergessen." Maria Stickling, geborene Feuerborn, kann sich noch gut an die Geschehnisse vor 60 Jahren in der Firma ihres Vaters erinnern.Bevor am Sonntag die katholische Messe gelesen wurde, trafen sich die Frauen am Samstag zur Reinigung der Fabrikhalle, in der unter der Woche noch gearbeitet wurde. Tischlermeister Gregor Eickhoff hatte einen Altar und einen Beichtstuhl gefertigt. Robert Mahne senior stellte ein Harmonium zur Verfügung, dass der unvergessene Hauptlehrer Hermann (genannt Alois) Weweler spielte. Mit der Lehrerin Fräulein Wiese hatten die Mädchen und Jungen der Canisius-Schule zum Weihnachtshochamt 1944 Lieder einstudiert. Es wurde Flöte gespielt.
Die Messe hielt der beliebte Pfarrer Siegfried Hofius, der von 1943 bis 1969 in Pankratius wirkte. Bis zu 1000 Menschen besuchten den Gottesdienst in der Notkirche. Spexard hatte 1944 rund 1.400 Einwohner. 170 Flüchtlinge aus Aachen hatten im September 1944 die Einwohnerzahl erstmals steigen lassen. Weitere folgten aus dem Osten, und aus dem Ruhrgebiet kamen "Ausgebomte" dazu. Bei Kriegsende waren es fast 600.
Am 2. Dezember 1944 war der langersehnte Wunsch der Spexarder auf einen eigenen Gottesdienstraum in Erfüllung gegangen. Der damalige Gütersloher Bürgermeister Josef Bauer ermöglichte nach zähen Verhandlungen mit den Nationalsozialisten und dem Ortsgruppenführer Pickert, dass in der Gemeinde Spexard Gottesdienste abgehalten werden durften. Der Druck der Bevölkerung auf die die Verantwortlichen war so groß, dass diese ihre negative Haltung zur Kirche aufgaben, un die Gottesdienste in der Sperrholzfabrik Gebrüder Feuerborn ermöglichten.
Der Saal der Gastwirtschaft Johannbarkey wurde von den Nazis abgelehnt, obwohl die ersten Vorbereitungen der Bevölkerung schon getroffen waren. Bei der großen Anzahl der Kirchbesucher an den Sonntagen wäre der Saal auch zu klein gewesen. Später wurden die Räumlichkeiten werktags für kleine Gottesdienste genutzt.
Spexard gehörte zu dieser Zeit zur Gütersloher St. Pankratiusgemeinde. Ein Grund für den Wunsch der Verlegung der Gottesdienste war auch der erschwerliche Kirchgang, der in den letzten Kriegsmonaten oft durch Fliegerangriffe begleitet wurde. Die Schulchronik der beiden Spexarder Volksschulen berichtet aus dieser Zeit, dass der Unterricht nicht in vollem Umfang durchgeführt werden konnte, und die Schüler oftmals schon um 8 Uhr in der Früh wieder nach Hause geschickt wurden. Die Canisus-Schule in der Worth lag direkt an der Autobahn, die natürlich oft das Ziel von Bombenangriffen war.
Bis zur Einweihung der 1. Spexarder Kirche am 31. März 1946 fanden an jedem Sonntag zwei Messen in der Fabrikhalle bei Feuerborn statt. Auch am Ostersonntag 1945. Die Amerikaner, die am Ostersamstag gegen 18 Uhr die Autobahn bei Gütersloh erreicht hatten, hielten an, stiegen von ihren Spähpanzern ab, und feierten mit den Bürgern Gottesdienst. "Ein unbeschreibliches Bild. Sie nahmen ihre Helme ab und kamen in die Kirche. Wir Kinder sahen zum ersten Mal farbige Menschen", erzählt Günter Feuerborn.
Die Bürger des westlichen Teils von Spexard, die 1943 der vom Erzbischof erhobenen Pfarrvikarie Süd (später Liebfrauen) zugeschlagen wurden, konnten erst am 15. April 1945 ihren ersten Gottesdienst in Spexard, in der Gastwirtschaft von Konrad Müterthies, feiern. Die kirchenfeindliche Einung der Nationalsozialisten hatte die Bemühungen zerschlagen. Die Gläubigen mussten nach wie vor in der Pankratiuskirche zur Eucharistiefeier gehen. Erst die amerikanischen Besatzer gestatteten die Messen. Bis zur Einweihung der Räumlichkeiten in der Möbelfabrik Schlautmann in Kattenstroth am 9. September fand bei Müterthies täglich eine heilige Messe statt, an Sonntagen wegen des hohen Andrangs bis zu drei.



Letzte Änderung: 31. Januar 2005