Stöbern Sie im Archiv und in alten Zeiten!


Ab Januar bringt ein neuer Glück

 
Den Bezirks von Hans-Werner Kreft (Mitte) übernimmt zum 1. Januar Sven Rauscher (r.). Der Geselle Andreas Gök (r.) bleibt der Kundschaft erhalten.

Sie klettern auf Dächer, befreien Kamine von Ruß, kontrollieren Heizungen und sollen Glück bringen. Die Schornsteinfeger genießen seit jeher ein hohes Ansehen in der Bevölkerung. Einer von ihnen geht zum Jahresende nach fast 50 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand. In Spexard und Avenwedde ist er unter seinem Spitznamen „Feger“ besser bekannt, wenn Hans-Werner Kreft seine Dienste verrichtet. Seinen Bezirk wird der Schornsteinfegermeister Sven Rauscher (35) übernehmen.
Als der in Oelde groß gewordene Hans-Werner Kreft eine Ausbildungsstelle suchte, wollte er gerne Technischer Zeichner werden. „Dass war mein Berufswunsch und bei Haver und Böcker wollte ich anfangen“, erzählt der 63-Jährige. Im April 1963 kam alles anders. Der Nachbar seiner Eltern war Bezirksschornsteinfeger und Hans-Werner Kreft ging bei ihm in die Lehre. „Ich bin es immer gerne gewesen“, bereut der Spexarder die Berufswahl keinen Tag. „Der Job hat mir immer Spaß gemacht.“ Nach der Ausbildung folgten die ersten Gesellenjahre in Oelde und 1970 heuerte Kreft bei Meister Günter Bungert in Spexard an. „Dass waren die schönsten Jahre im Beruf und ich habe in der ganzen Gemeinde Spexard gekehrt und kannten jeden Kamin“, verrät der leidenschaftliche Feuerwehrmann, der seit 1969 bei den St. Floriansjüngern seinen Dienst verrichtet und bei den Freiwilligen in Spexard 16 Jahre der stellvertretende Löschzugführer war und als Festwirt die Feuerwehrfeste organisierte. Heute ist er Mitglied der Ehrenabteilung und engagiert sich im Jubiläumsverein, der die 925-Jahrfeier 2013 ausrichtet. Damals war es noch Pflicht, dass ein Schornsteinfeger in der Feuerwehr sein musste. Die Gesetze wurden aber gelockert und aus der Pflicht wurde Freiwilligkeit.

 
In alten Zeiten kam der Schornsteinfeger mit dem Fahrrad. Links sein einstiger Kollege Bernhard Stüker und rechts sein alter Chef Günter Bungert.

In den 1970er-Jahren war der Schornsteinfeger selbstverständlich noch mit dem Fahrrad unterwegs und die Kamine mussten bis zu fünfmal im Jahr gesäubert werden. Erst mit dem Einbau der Zentralheizungen musste nicht mehr so viel gekehrt werden. „Bei den Bauern gab es Mittagessen und das Schnäpschen bei den Brennerei Spexard war nach dem Kehren immer eine Pflichtübung mit dem Brennmeister“, blickt der „Feger“ gern auf seinen Beruf zurück, der mehr als eine Berufung für den leidenschaftlichen Schornsteinfegermeister war. „Mit dem Fahrrad sind wir oft nass geworden. Bei der Bäckerei Niermann in Isselhorst wurde unsere Zunftkleidung immer am Backofen getrocknet“, erinnert sich Kreft gerne zurück. Seinen Meister hat er 1971 gemacht. Nach einem Dutzend Berufsjahren bei Bungert bekam er 1982 einen eigenen Bezirk in Brackwede. „Ich sollte erst nach Rahden versetzt werden“, erzählt Hans-Werner Kreft, der froh war, dass aber froh war, dass er in Bielefeld seine ersten Gehversuche als selbstständiger Bezirksschornsteinfeger machen durfte. Sein Wohnort blieb weiter Spexard. Hier hatten die Krefts ein Zuhause gefunden und eine Familie gegründet. Ein paar Jahre später kam dann die Versetzung nach Gütersloh. Vom Stillen Frieden über Avenwedde-Bahnhof bis nach Isselhorst reicht der Bezirk mit seinen 2.500 Haushalten, den er in diesen Tagen an Sven Rauscher abgeben wird. Der Geselle Andreas Gök wird vom neuen Meister übernommen. Wie sein Chef ist auch Gök Schornsteinfegermeister und Energieberater des Handwerks. „Der Beruf hat sich gewaltig geändert und so viel Dreck wie früher bringst du heute nicht mehr mit nach Hause“, gibt Kreft zu, der die Lockerung des Kehrmonopols in Deutschland mit gemischten Gefühlen sieht. Ab 2013 soll jeder Hausbesitzer eine freie Wahl des Schornsteinfegers haben, so will es die Europäische Union. Bislang legt der Staat die Bezirke fest. „Die Auswirkungen der neuen Regelungen sind schwer einzuschätzen. Ich bin kein Hellseher“, sagt Kreft, der sich auf seinen wohlverdienten Ruhestand freut.



Letzte Änderung: 29. Mai 2012