Die Grenze zwischen dem Amt Reckenberg und der Grafschaft Rietberg

Das Amt Reckenberg war durch seine geographische Lage als Exklave des Bistums Osnabrück politisch leicht angreifbar, wie bereits am Beispiel der Grenzstreitigkeiten mit der Herrschaft Rheda dargelegt wurde. Die Grafschaft Rietberg hat ab 1510 Gebietsansprüche gestellt, wodurch größere Grenzstreitigkeiten einsetzten. Im Bereich der Bauerschaft Spexard wurde das Gebiet östlich der Linie Ameling (heute Determeyer), Grenzbaum im Wald des Meierhofs Spexard und Hemshorn (heute Grochtmann) gefordert.

 
Der Hof Küster (vormals Eickenkötter) am Ölbach in Spexard.

Damit war der östliche Teil des Amts Reckenberg gefährdet, da eine Abschneidung der Bauerschaft Avenwedde die Folge gewesen wäre. Die Lage wurde für den Bischof von Osnabrück noch schlechter, nachdem im Jahr 1552 durch ein Bündnis des Grafen Johann II. von Rietberg mit Konrad von Tecklenburg-Rheda besiegelt wurde, sich gegenseitig zu unterstützen. Gewalt und Schaden für die Landbevölkerung waren die Folge. Gegenmaßnahmen blieben nicht aus. Truppen des Bischofs von Osnabrück nahmen Rietberg ein und setzten Graf Johann bis zu seinem Lebensende in Gefangenschaft.

Am 15. Januar 1569 folgte eine grenzvertragliche Regelung, wobei für die Bauerschaft Spexard die Grenze von der Mühle des Eickenkötters (heute Küster) in westlicher Richtung den Oelbach entlang bis zur Mühle Meierfrankenfeld führte. Da in diesem Bereich die gemeine Mark “Ohlbrock” begann, dürfte die Fortsetzung der Grenze entlang des Oelbachs bis zum heutigen Brockweg zwischen Spexard und Lintel bei der Aufteilung im Jahre 1830 festgelegt worden sein.

 
Der Oelbach, die Grenze zwischen Spexard und Varensell

War damit die reckbergisch-rietbergische Schnat im Jahr 1569 von der Mühle des Eickenkötters bis zur münsterischen Grenze festgelegt, ergaben sich bei der Grenzziehung vom Oelbach bis zur sparrenbergischen Grenze in nördlicher Richtung erhebliche Schwierigkeiten. In einem Bereich des Rentmeisters Emsmann zu Reckenberg vom 4. Februar 1582 an Bischof Heinrich III. von Sachsen heißt es, dass die von rietbergischer Seite geforderte Grenzziehung fast die 1565 gezogene reckenbergisch-rhedaische Grenze berührte und zwischen der West- und Ostgrenze des Amts Reckenberg nur ein Fahrweg verbleibe. Die Folge sei, dass die Bauern in dieser Gegend auf größere Gebiete und Marktanteile, besonders aus der Sürenheide, verzichten müssten.

In diesem Zusammenhang ist eine handgezeichnete Karte von 1583 von besonderer Bedeutung, welche von Reckenberger Seite gefertigt wurde. Von Seiten der Grafschaft Rietberg war eine Grenzziehung am Oelbach in Höhe der Delken-Mühle bis zum Zusammenfluss von Dalke und Menkebach gefordert. Die Folge wäre eine Abschneidung der Bauerschaft Avenwedde und somit Teilung des Amts Reckenberg gewesen. Der osnabrückischen Partei ist es mit dem am 11. Oktober 1583 geschlossenen Vertrag gelungen, eine Abschnürung zu verhindern. Immerhin konnte ein Abstand an der engsten Stellen (Hüttenbrink) von etwas mehr als 500 Meter erreicht werden. Dennoch scheint Osnabrück im Osten der Bauerschaft Spexard erhebliche territoriale Zugeständnisse gemacht zu haben. Dr. König schreibt hierzu: “In einem Höfeverzeichnis des 16. Jahrhunderts sind in der Bauerschaft Spexard noch 18 rietbergische Höfe aufgezählt. Da sich nun später in der Bauerschaft Spexard so gut wie kein rietbergischer Grundbesitz befand, dürfte das Gebiet, in dem die 18 Höfe lagen, in dem Grenzvertrag von 1583 an Rietberg abgetreten sein.”

Nachdem beide Parteien mehrere Vorschläge unterbreitet hatten, einigte man sich 1583 schließlich auf folgenden Grenzverlauf, welcher mit 12 Grenzsteinen markiert wurde:

 
Grenzstein von 1774 mit Rietberger Adler

Fast 200 Jahre später erfolgte eine Grenzüberprüfung. 24 neue Grenzsteine wurden 1774 gesetzt. Von diesen Grenzsteinen sind noch fünf in Spexard vorhanden, wobei drei an der ursprünglichen Stelle stehen. Die Anfertigung der Grenzsteine wurde von dem Wöstevogt Schirrmeyer dem Bielefelder Steinmetz Neipert 1773 in Auftrag gegeben. Die Schweren Steine wurden 1774 mit sechs Wagen zu je vier Pferden von Bielefeld abgeholt. Jedes Gespann brachte zwei der schweren Brocken an den Bestimmungsort. Die Kosten (22 Mark pro Stück) teilten sich das Amt Reckenberg und die Grafschaft Rietberg.


Diese Grenze hatte bis zur kommunalen Neuordnung im Jahr 1970 Bestand und war damit 386 Jahre unverändert. Die Grenzziehung nach Sundern bestand sogar 404 Jahre von 1565 bis 1969.

Im Jahre 1953 stellten die Bewohner des Gebiets zwischen der Autobahn und dem Hellweg (heute Am Hüttenbrink) einen Antrag auf Eingemeindung nach Spexard. Die Gemeinde Verl lehnte seinerzeit ab. Nachdem zur Vermeidung weiter Wege die Schüler aus diesem Bereich weiterhin in die Spexarder Schule als Gastschüler aufgenommen wurden, ist der Antrag einige Jahre später zu den Akten gelegt worden.

Im Rahmen der Anhörung zur kommunalen Neuordnung 1970 stellte die Gemeinde Verl in Übereinstimmung mit der Landesregierung Gebietsansprüche an die Gemeinde Spexard. So sollte der Bereich der Autobahn-Auffahrt und ein Teil des Gebiets Auf’m Reck Verl zugeordnet werden, welches seinerseits den nordwestlich der Autobahn gelegenen Gebietsstreifen an Spexard abtreten wollte, der 1953 Gegenstand des Einwohner-Antrags aus Eingemeindung nach Spexard gewesen war.

Hiergegen wehrte sich Spexard mit Schreiben vom 2. Oktober 1969 und erreichte mit Unterstützung des Oberkreisdirektors, der Stadt Gütersloh und des Innenministers von Nordrhein-Westfalen, dass der Bereich der Autobahn-Auffahrt und damit Flächen im Winkel der Verler Straße und Autobahn sowie das Gebiet zwischen Autobahn und Am Hüttenbrink bis zur heutigen Spexarder Straße der Gemeinde Spexard und damit Gütersloh zugeordnet wurden. Auch konnte Verl den Anspruch auf Teile des Siedlungsgebiets Auf’m Reck nicht durchsetzen, besonders aufgrund des klaren Widerspruchs der Bewohner.

Die 1583 festgelegte Grenze hat heute noch Gültigkeit ab Waldweg und weiter zwischen den Höfen Wulfhorst und Piepenbrock (vormals Otterpohl) bis zur Dalke. Ebenfalls unverändert gültig ist die Grenze ab Verler Straße entlang des Oelbachs bis hinter der Grundmeier-Mühle, wobei dieser Grenzverlauf im Oelbach bis zum heutigen Brockweg rund sieben Kilometer lang ist. Eine interessante Abweichung ergibt sich über 700 Meter im Bereich des Hofes Küster. Hier verspringt die Grenze hinter den Oelbach. Der Grund dürfte in der Neuverlegung des Bachbetts im 16. Jahrhundert liegen, als hier eine Mühle erstellt wurde, die 1890 abgerissen worden ist. Das alte Bachbett dürfte noch über lange Zeit bestanden haben, zumal da es im Urkataster von 1790 eingezeichnet ist.

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Letzte Änderung: 13. September 2004