Das Spexarder Bauernhaus - eine Erfolgsgeschichte |
Mit dieser Zeitungsanzeige fing im Frühjahr 1988 alles an! |
Ein Mitarbeiter der Stadt Gütersloh las diese Anzeige am 27. Februar 1988 in einer Gütersloher Tageszeitung. Kurzentschlossen ergriff er die Initiative, knüpfte Kontakte mit den zuständigen Ämtern im eigenen Haus und dem westfälischen Amt für Denkmalpflege in Münster. Dieses Amt legte bereits im Sommer 1988 ein erstes Gutachten vor, in dem es hieß: „Der mächtige Zweiständerbau hat in seinen jetzigen Dimensionen und im Grundgefüge schon um 1600 bestanden. Vergleichsbauten der Art und des Alters gibt es in Gütersloh ... nicht. Das Bauernhaus Meier to Berens ist eines der letzten Zeugnisse der bäuerlichen Vergangenheit der Stadt Gütersloh, ... Es ist ein hochrangiges Denkmal.“ Am 31. Mai 1989 kam das Bauernhaus Meier to Berens erstmals in die Schlagzeilen. Ein umfassender Bericht in der Tagespresse brachte die Spexarder Bürger zum Staunen. Das alte heruntergekommene Fachwerkhaus soll schon um 1600 so existiert haben? - Franz Spexard, der Vorsitzende der damaligen Interessengemeinschaft „900-Jahre-Spexard“ meldete schon am 15. Juni 1989 räumlichen Bedarf für den Ortsteil an und äußerte den Wunsch, das Haus für die Vereinsarbeit nutzen zu können. In der Festschrift, die von der Interessengemeinschaft zum Ortsjubiläum 1988 herausgegeben wurde, hatte man noch das Jahr 1781 als Baujahr dieses Hauses vermerkt. Diese Jahreszahl konnte man deutlich dem Torbogen entnehmen.
Das Bauernhaus geriet im Zuge des Kommunalwahlkampfes 1990 auf die „Parteischiene“, was den Spexarder Vereinen gar nicht gefiel.
Etwa zeitgleich mit dem Kauf des Hauses durch die Stadt Gütersloh im Juni 1990 lud der Spexarder Heimatverein zu einer ersten Versammlung aller Vereine ein. Als fachkundigen Gast konnte der Vorsitzende Werner Stüker den Architekten Christoph Rasche-Schürmann begrüßen. Kaum jemand der alteingesessenen Spexarder Bürger konnte sich damals eine Vorstellung machen, welche Bedeutung diese Haus einmal für den Ortsteil Spexard haben könnte. Äußerungen wie „Rattenburg“, „Bruchbude“ oder auch „Sticken drunter!“ waren keine Seltenheit.
Der Freundeskreis Spexarder Bauernhaus besichtigte das Haus an der Helmholtzstraße im August 1991. |
Der 12. Dezember 1990 ist in der jüngeren Geschichte dieses Bauernhauses ein wichtiges Datum. Durch die Gründung des Freundeskreises „Spexarder Bauernhaus“ mit einem 16 Personen zählenden Vorstand und Unterteilung in drei Arbeitskreise mit den Schwerpunkten „geschichtliche Aufarbeitung“, „Nutzungskonzept“ und „Baubegleitung“ wurde eine solide Grundlage geschaffen, um das Projekt „Spexarder Bauernhaus“ zu verwirklichen. In diesem Kreis wurde auch der Begriff des „Spexarder Bauernhauses“ geboren, galt es doch die verschiedenen Ausdrücke wie Heimathaus, Bürgerhaus oder auch Bürgerzentrum auf einen Nenner zu bringen.
Der Vorstand des Freundeskreises setzte sich aus Vertretern der einzelnen Vereine und interessierten Bürgern zusammen. Zum Vorsitzenden wurde Werner Stüker gewählt.
Die Monate Januar und Februar 1991 wurden von der Kosten- und Standort-Diskussion geprägt. Kaum eine Rats- oder Ausschußsitzung verging im Gütersloher Rathaus, ohne daß das Spexarder Bauernhaus auf der Tagesordnung stand. Da das Haus am alten Platz an der Helmholtzstraße nicht mehr bleiben konnte, mußte ein passendes Grundstück gefunden werden. Im Freundeskreis beriet man über verschiedene Standorte, die denkbar waren. Der Freundeskreis „Spexarder Bauernhaus“ hatte auch die Aufgabe übernommen, Rat und Verwaltung der Stadt ein Nutzungskonzept vorzulegen. Im Juli 1991 begann man, in zahlreichen Gesprächen mit den Vereinen und Gruppen des Ortes, den Schulen, der Kirchengemeinde, der Volkshochschule, der Familienbildungsstätte und dem Kulturamt der Stadt über die mögliche Nutzung zu informieren.
Wichtig war es nicht nur, daß alle einen Wunschkatalog mit möglichen Veranstaltungen aufstellten, sondern auch klar wurde, daß wir keine Konkurrenz zu bestehenden Objekten geschaffen werden sollte.
Für eine zweite öffentliche Versammlung in der Gaststätte Müterthies-Wittag konnte der Freundeskreis Frau Dr. Viola Kundrun, die damalige Kulturbeauftragte für Heimatarbeit im Kreises Gütersloh, als Referentin gewinnen. Sie legte an diesem Abend dar, welche Bedeutung ein solches Haus für den Ortsteil Spexard erlangen könne.
Ausstellungen in den örtlichen Geldinstituten förderten in den folgenden Wochen die Gespräche der Spexarder über ihr Bauernhaus. Der Freundeskreis „Spexarder Bauernhaus“ wollte natürlich nicht nur gedankliche Arbeit leisten, sondern auch Hand anlegen. So wurde der Stadt Gütersloh angeboten, das alte Haus ehrenamtlich zu entrümpeln. Doch die Stadt lehnte dies aus versicherungstechnischen Gründen ab und beauftragte im Oktober 1991 einen Dachdeckermeister mit den Aufräumarbeiten. Wie es das Schicksal wollte, verletzte sich hierbei einer seiner Mitarbeiter. Als Eigentümer und Bauherr hätte die Stadt Gütersloh hier eine Menge Geld sparen können. Eine Tagesversicherung für die ehrenamtlichen Helfer wäre sicher günstiger gewesen.
Im November des gleichen Jahres legte der Freundeskreis dem zuständigen Jugend- und Sportamt das Nutzungskonzept vor. Dieses war das Ergebnis von zahlreichen Gesprächen in den vorangegangenen sechs Monaten. Das Konzept wies 113 verschiedene Veranstaltungen pro Jahr aus, die von einer Personenzahl zwischen 13 und 250 besucht werden sollten. 17 verschiedene Vereine und andere Gruppierungen hatten ihre Wünsche hierzu abgegeben.
Um sich über verschiedene Möglichkeiten der Nutzungsregelung zu informieren, standen im Januar 1992 die Besichtigungen der Haller Remise und des Domhofes in Rheda auf dem Programm. Später sah man sich auch das Haus Aussel in Batenhorst an, um Erkenntnisse über die Fachwerksanierung zu gewinnen. Im Januar 1992 teilte der Landtagsabgeordnete Jürgen Jentsch mit, daß das Land Nordrhein-Westfalen das Projekt „Spexarder Bauernhaus“ bereits 1993 fördern wolle.
Architekt Hurlbrink (2. von rechts) erläutert anhand eines Modells im März 1992 das Vorhaben. |
Die Öffentlichkeit sollte nun immer mehr von der Idee des Freundeskreises überzeugt werden. So lud man im März 1992 zu einer Besichtigung des Bauernhauses an der Helmholtzstraße ein. Zahlreiche Spexarder Mitbürger machten von diesem Angebot Gebrauch. Trotz Dauerregens war das Haus immer gut gefüllt.
In der Standortfrage bahnte sich nun ein Ende an. Sowohl die großen Parteien im Stadtrat, als auch der Freundeskreis, einigten sich auf den jetzigen Platz an der Lukasstraße. Vorteil dieses Vorschlages war es, das sich das gesamte Festplatzgelände im Bereich Bruder-Konrad- und Lukasstraße bereits im Besitz der Stadt Gütersloh befand. Der nahe Festplatz, das alte Bauernhaus und die schon damals angedachte Sporthalle in Spexard sollten harmonisch auf dem Gelände vereint werden. Auch wenn dies erst als unmöglich erschien, wurde der Bebauungsplan später geändert und somit der neuen Situation angepaßt. Lediglich der damals noch vorhandene Container-Standort stieß auf Widerstand.
Die Gespräche zwischen der Stadtverwaltung und dem Freundeskreis gingen weiter. Im September 1992 forderte der Freundeskreis einen größeren Keller und die mögliche Nutzung des Dachbodens. Beide Forderungen konnten leider nicht durchgesetzt werden.
Bernd Winkler vom Grünflächenamt (3. von links) informierte im November 1994 Nachbarn und interessierte Bürger über die geplanten Außenanlagen. |
Eine Informationsveranstaltung in der Gaststätte „Spexarder Krug“ und ein zweiter Tag der offenen Tür im Bauernhaus am alten Standort folgten im Laufe der Zeit. Am 29. August 1993 lud der Freundeskreis zur „Abbruchfete“ ein. Auch dieser Einladung folgten unzählige Neugierige. Schon im September begannen die Umsetzungs-Arbeiten. Bis Ende Oktober waren die Abbrucharbeiten abgeschlossen, das Holz wurde dann in einer alten Lagerhalle an der Verler Straße aufgearbeitet.
Wichtig schien es den Verantwortlichen damals, die neuen Nachbarn über das Haus und seine zukünftige Nutzung zu informieren. Der Freundeskreis und die Vereine, die das Gelände auch für ihre Traditionsfeste nutzen, luden die Nachbarschaft gemeinsam ins gegenüberliegende Sportheim zur Besprechung ein. Die Einladung hatte gezeigt, daß nicht alle Nachbarn dem Haus positiv gegenüber standen. Doch die Fragen und Probleme konnten schließlich aus dem Weg geschafft werden. Seitdem werden die Nachbarn einmal jährlich ins Spexarder Bauernhaus zu einem gemütlichen Abend eingeladen.
Am 22.April 1994 feierten die Stadt Gütersloh und der Freundeskreis ein zünftiges Richtfest. Rund fünfhundert Gäste konnten in und vor dem Fachwerk-Gerippe begrüßt werden. Auch die rekonstruierte Utlucht links neben dem Torbogen konnte zu diesem Zeitpunkt schon besichtigt werden. Daß dieser zweistöckige Vorbau nachgebaut wurde, ist vor allem der Verdienst des Freundeskreises, der hierüber altes Fotomaterial vorlegte.
Im September 1994 legten die Mitglieder des Freundeskreises doch noch die eigene Hand am Haus an. In Absprache mit dem bauleitenden Architekten Ruprecht Birlauf entfernten sie die Metall-Plaketten, mit denen jeder einzelne Balken numeriert worden war.
Bürgermeisterin Maria Unger (links) eröffnete das Spexarder Bauernhaus am 21. Januar 1995. |
Ein zweites Mal konnten die Nachbarn sich über den Stand der Baumaßnahme im November 1994 informieren. Die Arbeiten waren soweit fortgeschritten, daß vor allem die geplanten Außenanlagen erläutert werden konnten. Am Nutzungsvertrag wurde im Laufe der Zeit viel gefeilt. Es dauerte einige Monate bis er schließlich am 20. Januar 1995, einen Tag vor der Eröffnung des Spexarder Bauernhauses, unterschrieben wurde.
Die Eröffnungswoche startete mit einem offiziellen Empfang durch die Stadt Gütersloh am Samstag, 21. Januar 1995. Abends zogen die örtlichen Vereine mit Fahnenabordnungen wortwörtlich in ihr neues Domizil ein. Das Haus war bis auf den letzten Platz gefüllt und trotzdem standen einige Gäste immer noch vor der Tür. Sonntags schloß sich ein gemütlicher „Kaffeeklatsch für Jung und Alt“ an.
Die Vereine zogen am gleichen Abend in ihr neues Haus ein. |
„Schnuppertage für Jedermann“ gaben an den folgenden Werktagen die Gelegenheit, das Haus nochmals in Ruhe zu besichtigen und auch einige Fragen beantwortet zu bekommen. Die Woche schloß mit einem Familientreffen der Meiertoberens, die dem Hause seinen ursprünglichen Namen gaben.
Am 26.Mai 1995 traf sich der Freundeskreis „Spexarder Bauernhaus“ zu seiner letzten Sitzung. Pünktlich um 20 Uhr beschlossen die Vorstandsmitglieder die Auflösung ihrer Initiative. Sage und schreibe 36 mal hatten sie sich in diesem Kreise seit Dezember 1990 getroffen. Hinzu kamen ungezählte Zusammenkünfte der drei einzelnen Arbeitsgruppen, Gespräche mit Vereinen, Gruppen und natürlich den verschiedensten Ämter der Stadt Gütersloh, sowie mit dem Denkmalamt in Münster.